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Fahrt ins Blaue

Ich hatte am 07.04.2018 eine kurze Etappe geplant (175 km), um an den östlichsten Punkt meiner Reise zu gelangen. Nach Otranto soll es gehen. Otranto ist auch die östlichste Stadt Italiens und liegt in Apulien. Hier kann man bei klarer Sicht die Berge von Albanien sehen (kein Witz), die etwa 70 km entfernt sind, aber mal der Reihe nach. Ich wollte früh weg, um einerseits dem sicher grossen Samstags-Einkaufs-Verkehr in Taranto zu entgehen und um andererseits den Nachmittag in Otranto zu geniessen. Start war pünktlich um 09.00 Uhr. Absolut rein zufällig pünktlich! Die Gelassenheit habe ich auf dieser Reise gelernt. Ich fahre, wenn ich dann mal bereit bin. Eine Fahrt entlang und durch kultiviertes Agrarland. Eine Wohltat fürs Auge. Schade, dass ich nicht mehr Wissen bezüglich Pflanzen habe. Wäre interessant zu wissen, was da alles angepflanzt wird. Oliven konnte ich aber doch erkennen... 

Dann der Hafen von Taranto, der die Farben der Natur brutal ablöste. Hafen halt. Schiffe werden gelöscht oder beladen. Das hat wenig mit Natur zu tun. Ich wurde vor dem Dreck und dem giftigen Staub, der in der Luft liegt, gewarnt. Ob Einbildung oder nicht, ich musste husten. Taranto hat eines der grössten Stahlwerke in Europa und ist auch die grösste Dreckschleuder bezüglich Luftverschmutzung in Europa. Die Krankheits- und Todesfälle zeigen das eindeutig auf. Auch der ätzende, rote Staub, der überall liegt, ist fast ein Symbol dieser Stadt. (Wikipedia). Ein negatives Symbol. Man sagt, dass alle 200‘000 Einwohner von Taranto etwas vom Stahlwerk haben. Viele arbeiten dort und sehr viele werden krank von den Emissionen, die von diesem Stahlwerk in die Luft entlassen werden! Ein etwas salopper Ausdruck für die sehr negative Wirklichkeit. Und an dieser Stelle wieder der Hinweis: Das ist meine Meinung, die ich hier wiedergebe! 
Auch in Apulien wird das Land bewirtschaftet. Und gleich wieder ein negativer Punkt. Alles, aber wirklich alles wird entlang der Strasse „entsorgt“. Auf den Ausstellplätzen sind oft ganze Mülldeponien gelagert. Irgendwann ab einer gewissen Entfernung zu Taranto, sieht man fast nichts mehr rumliegen. Keine Ahnung, warum hier aufgeräumt wird und in der Nähe der Stadt nicht.
Ich schreibe hier über meine Reise und meine Eindrücke, und die sind halt nicht immer nur im Bereich von „Bella Italia“ angesiedelt. Positives und Negatives wie überall.
Aber zurück zur kurzen Reise. In einen Kleinstadt wurde die Stadt grad für ein grosses Fest geschmückt. Viele Strassen waren gesperrt. Natürlich auch die Brücke, über die ich die Stadt verlassen sollte, war zu. Bauarbeiter montierten irgendwelches Zeugs ab einem fahrbaren Kran. Nachdem mich das Navi etwa zum dritten Mal aus unterschiedlich Richtungen an die Brücke führte und mir immer den gleichen Spruch ins Ohr flüsterte... wurde ich ungehalten, fluchte laut und hielt an. Sofort fragte mich ein gut gekleideter älterer Herr (ca. 55 jährig... ), ob ich ein Problem hätte und was ich suchen würde. Ich möchte nach Otranto fahren und finde den Weg nicht aus dieser Stadt raus, meine Antwort. Er erklärte mir wie ich fahren müsse, da wegen der vielen Sperrungen viele Straßen nicht benutzbar wären. Während er mir das erklärte, merkte er wie kompliziert das ist und sagte dann: Motorrad wenden, folgen sie mir. Er marschierte vor mir auf die gesperrte Brücke, sprach mit den Bauarbeitern, die räumten die Absperrung so weg, dass meine Harley Platz hatte, und winkten mich fröhlich lachend durch. DAS ist jetzt „Bella Italia“! Fröhlich pfeifend fuhr ich weiter in Richtung Otranto. Kurz vor der Stadt wollte ich noch auftanken. Ein Kanadier quatschte mich an wegen meinem CH-Schild und wollte wissen, wo ich herkomme und wie ich in Italien bezahlen würde, Cash oder mit Karte... ob mir schon was gestohlen worden sei... Er glaubte mir die Story fast nicht von meiner Reise und seine Frau wollte unbedingt ein Foto von mir. Ab jetzt lasse ich mich nicht mehr gratis fotografieren... Der Tankwart kam dazu und sprach mich auf französisch an. Ich musste ihn so verständnislos angeschaut haben, dass er mir lachend erklärte, dass er mehrere Jahre im Wallis gearbeitet hätte. Fast unglaublich die Zufälle. Während er auftankte, suchte ich auf dem Navi den Weg zum reservierten Hotel. Das sah ein junger Mann (ca. 25 jährig) und fragte mich, was ich suchen würde. Ich zeigte ihm die Strasse und das Hotel und er sagte, dass er auch in diese Richtung fahre und ich ihm folgen könnte. Er führte mich direkt vor das Hotel. DAS fällt auch unter „Bella Italia“! 
Ich stelle mir grad vor was passieren würde, wenn ein Tourist am Samstag Mittag an einer Tankstelle in Thun auf seinem Navi rumspielt. Kein Mensch würde ihn doch fragen, was er suchen würde. 
 
Was Otranto landschaftlich und kulturell zu bieten hat ist unglaublich. Eine Kirche erbaut um 1100 mit einen 1500 m2 großen Mosaikboden, erstellt von einem Mönch. Er erzählt in diesem Mosaik diverse Geschichten (Wikipedia). Das ist immer noch im Originalzustand. 
Ein Riesen-Kastel, oder die Ruine davon.
Der Bauxit-See. Da haben sie wirklich Bauxit abgebaut. Die Erde dort ist rot. Dann das Grün der Landschaft und das Blaue des Meeres.
Dann der Ort selber. Klein und überblickbar mit einem super Strand und guten Restaurants.
 
Als Unterkunft ist für mich das BnB
La Casa del Gelso Bianco
Via Vecchia Stazione 4
73028 Otranto
Tel. 0836 801659
www.lacasadelgelsobianco.it
Die erste Adresse:
Einfach zu finden grad am Anfang der Ortes. Sehr sauber! Sehr gutes Frühstücksbuffet (siehe Bilder). Das Motorrad steht geschützt in einem geschlossenen Hof. Zu Fuß ist man in 2 Minuten im Zentrum. Kein Durchgangsverkehr, die Straße ist durch eine Schranke gesperrt. Der Besitzer ist sehr freundlich und hilfsbereit und gibt sofort Tipps zu Sehenswürdigkeiten und Restaurants ab. Wir waren drei Gäste. Das Frühstück war erste Sahne. Auch die Details, wie er alles präsentierte. Er hat auch sofort gefragt, ob er meine dreckige Wäsche waschen soll und hat das Zeugs zum Trocknen aufgehängt. Am Abend stand die frisch gewaschene Wäsche in einem Korb vor meiner Zimmertüre.