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Die Fahrt nach Hause

Donnerstag, 19.04.2018

Der Tag der letzten Fahrt auf dieser Tour! 

Ich hatte bereits am Vortag Halsschmerzen, mir war kalt (bei 22 Grad aktueller Temperatur) und ich fühlte mich nicht 100%ig fit. Besorgte mir Medikamente. In der Nacht auf Donnerstag schlief ich sehr schlecht, hatte extrem kalt und konnte mich dadurch auch nicht erholen. Am Morgen war ich eher der Meinung die Rückfahrt zu verschieben. 
Ich besprach die Situation mit Heinz und wir entschieden uns, die Fahrt gemeinsam via Simplon in Angriff zu nehmen und, sollte ich Probleme haben, abzubrechen.
Es wurde eine wunderbare Fahrt. Sobald ich auf dem Motorrad sass, war ich in meinem Element und meine kleinen "Beschwerden" waren wie weggewischt. Die Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel und die Temperatur stieg auf - für mich - angenehme Werte von (+ 20 Grad).
Noch nie habe ich so viel Schnee auf dem Simplonpass gesehen!
Auf dem Simplon meldete sich Renate via Whatsapp und teilte mit, dass sie in Spiez (Bucht) auf uns warten würde um gemeinsam mit Heinz und mir einen Kaffee zu trinken.
Via Wallis fuhren wir nach Goppenstein, wo wir ohne Wartezeit verladen konnten.  Von Kandersteg nach Thun war es nur ein Katzensprung. Die Parkplätze in der Speizerbucht waren total überfüllt, aber nach einigem Suchen fanden alle drei Harleys ein Plätzchen. Nun war ich aber echt müde und wollte möglichst rasch nach Hause fahren. Wegen der prekären Verkehrssituation mit den vielen Sperrungen und Umleitungen in Thun, empfahl Renate via Interlaken nach Hause zu fahren. Ich wollte aber den Weg über Thun fahren! Wohl kürzer als um den Lago, aber wir standen endlos im Stau. Wer nicht hören will muss fühlen.  
Die Fahrt entlang des Thunersees nach Gunten war wunderschön. Die Sicht auf die Berge und den See war einmalig. Wie immer war die Fahrt von Gunten nach Sigriswil sehr eindrücklich.
Dann endlich zu Hause. Mein Körper war da, aber mein Kopf war noch irgendwo in Italien. Noch war in meinem Kopf das Meer dominant präsent! Noch lebte ich in Italien!
Nachlese:
Ich brauchte viel Zeit, um meine Eindrücke und Erlebnisse von dieser Reise zu verarbeiten. Ich brauchte Tage, um mich von meinem unabhängigen "Zigeunerleben" zu lösen. Das Leben aus der Tasche mit ganz wenig "Lebens-Utensilien" war so einfach und schön gewesen. Sich beschränken auf das Nötigste, das man zum Leben braucht, war eine beglückende Erfahrung. Die Freiheit alleine und unabhängig einen Monat auf meiner Bandito durch mein "Traum-Heimat-Land" zu reisen, war ein Riesen-Geschenk.
Heute frage ich mich, was vor der letzten Fahrt von Mergozzo nach Thun stärker war, die Halsschmerzen oder der Wunsch in Italien zu bleiben (kritisches Hinterfragen ist erlaubt)?
Ich bin jetzt einen Monat zu Hause und bereits liegen auf meinem Schreibtisch Karten und Reiseführer von Italien...
Gerade heute habe ich die Giro d'Italia Übertragung im TV geschaut. Die heutige Etappe führte entland der Adria nach Pesaro. Gefühlsmässig war ich gleich wieder "ZUHAUSE"!
Wer weiss, ob hier nicht plötzlich die Fortsetzung dieser wunderbaren Geschichte zu lesen ist???